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Auch du bist Kanzler!

In der neue Casting Show „Ich kann Kanzler!“ können jetzt alle Stammtischphilosophen und Hobby-Politiker zeigen was in ihnen steckt.

Mit der neue Casting-Show „Ich kann Kanzler!“ geht der Casting-Wahn in Deutschland in eine neue Runde. Gesucht wird der neue Kanzler – oder auch Kanzlerin – von Deutschland. Dabei darf sicher jeder bewerben, der eine Idee hat, wie man Deutschland weiter bringen kann. Soll es eine neue Steuerreform sein, soll die Planwirtschaft eingeführt werden oder soll der Kapitalismus ausgeweitet werden? Alle Ideen, die bisher nur am Stammtisch „durchdiskutiert“ werden, dürfen jetzt in die Öffentlichkeit getragen werden. Eine Jury mit drei Mitgliedern wird dann darüber entscheiden wer bzw. welche Idee weiter kommt. Dabei hat sich das ZDF durchaus prominente und kompetente Leute geangelt. Hans Dietrich-Genscher, Günther Jauch und Anke Engelke dürfen in der LIVE-Show am 19. Juni die letzten Kandidaten den Gewinner präsentieren. Im Gegensatz zu anderen Casting-Shows wird es nur eine LIVE-Show geben. Die Kandidaten werden allerdings auf ihrem Weg dorthin regelmässig mit der Kamera begleitet.

Die Chance für alle die von der Politik enttäuscht sind:
Sie sind enttäuscht von den deutschen Politikern? Ihnen kommt es vor, als würden Sie nur noch Worthülsen hören? Sie würden gerne selber etwas verändern? Kein Problem! Das ZDF sucht Talente, unverbrauchte Gesichter mit frischen Ideen. Junge Menschen, die gerne etwas politisch verändern wollen. Denn es ist an der Zeit, gegen Politikverdrossenheit vorzugehen.

Die Bewerber müssen zwischen 18 und 35 Jahren alt sein und können sich für die Sendung einen Paten bzw. einen Mentor suchen, der sie unterstützt und auch leitet. Dies kann der Bürgermeister, ein Professor oder auch ein Lehrer sein. Zu gewinnen gibt es ein Praktikum in Berlin und das Gehalt eines Bundeskanzlers.
Wie bei anderen Casting-Shows kann natürlich auch das Publikum durch eine TED-Umfrage über die Bewerber und ihre Ideen abstimmen und somit entscheiden wer am besten für den Beruf des Bundeskanzlers bestimmt ist.
Interessierte können sich auf www.kanzler.zdf.de vom 16. Februar bis 27. März 2009 bewerben. Die Bewerbung besteht dabei aus drei Teilen. Nachdem ein Fragebogen ausgefüllt wurde, muss der Bewerber seine „Idee für Deutschland“ ausformulieren. Als letzter Teil muss dann der Pate seinen Kandidaten für die LIVE-Show vorschlagen. Der Pate sollte also ein redegewandte Person sein. Der Papa oder die Mama, die ihren Sprössling schon immer an der Spitze sehen wollte dürfte wohl kaum reichen. Alle nötigen Informationen findet ihr unter http://www.kanzler.zdf.de.

Ich für meinen Teil finde die Idee, im Gegensatz zu „Deutschland sucht den Superdepp Superstar“, aus mehreren Gründen sehr interessant.

1. Jetzt können alle Stammtischphilosophen endlich mal zeigen ob ihre Ideen, die sie zwischen dem dritten und 15ten Bier entwickelt haben wirklich der Prüfung einer Jury und des Publikums stand halten. Alle die kleinen Stammtisch-Adolfs* und Freizeit-Oppositionellen dürfen jetzt so richtig loslegen.

2. Zum anderen besteht jetzt die Möglichkeit – wenn auch nur utopisch – einen Quereinstieg in die deutsche Politik zu schaffen, ohne sich dabei durch die Parteien „durchgedient“ zu haben. Jeder unverbrauchte und ungebrochene Politiker hat jetzt die Chance, fast wie im amerikanischen Modell, von null auf hundert zu kommen und seine bahnbrechende Idee der Öffentlichkeit vorzustellen, ohne dass diese vom Gerede der Partei und den Kompromissvorschlägen der Ausschüsse zusammengestutzt wurde.

3. Auf der anderen Seite ermöglicht die TED-Umfrage, und das ist fast schon ein Novum in der deutschen Geschichte, einen minimalen Ansatz von direkter Demokratie. Politologen und Medienwissenschaftler dürften an der Auswertung der Zuschauerzahlen und den damit verbundenen Abstimmungsergebnissen eine helle Freude haben. Wie stimmt das Wahlvolk ab, wenn es einmal direkt zu einer politischen Idee befragt wird? Vielleicht könnten diese Abstimmungszahlen sogar eine kleine Signalwirkung an die Politiker von heute haben. Ob zum Positiven oder zum Negativen wird sich zeigen. Sicherlich werden die Entscheidungsträger und Verantwortlichen der Sendung alle nicht politisch-korrekten Idee sofort aussondern. Somit dürften extrem rechte oder linke Ideen kaum den Weg ins Fernsehen und somit zum TV-Stimmvolk schaffen. Aber interessant könnte es trotzdem werden, ob die Zuschauer eine klare und unverfälschte Idee zu schätzen wissen und wie sie sich entscheiden werden.

4. Vielleicht sieht aber auch so die Zukunft des Wahlsystems aus. Jede Partei erhält am Abstimmungssonntag 30 Minuten Redezeit im Fernsehen und danach dürfen alle Bürger per Telefon oder Internet abstimmen. Keine Wahlurnen mehr und keine Abstimmungszettel mehr. Nehmen wir einmal an, dass das System sicher wäre und lassen wir alle Betrugsmöglichkeiten und Hackerangriffe bei seit. Wäre dieses System eine Möglichkeit?

Ich für meinen Teil werde die Sendung – wenn möglich – verfolgen. Nur um auch mal zu sehen wer sich alles bewirbt und wie die Idee aussehen. Wenn es natürlich ein Stelldichein aller enttäuschter Regionalpolitiker wird, die nur das Parteiprogramm mit kleinen Abwandlungen vorstellen, wird es eher langweilig. Interessant wird es, wenn kleine Politiker oder auch „normale“ Bürger ihre Ideen vorstellen und auch darlegen wie sie diese finanzieren wollen. Denn daran könnte man auch ablesen, wie sich der Bürger die Aufgaben und die Verantwortung eines Politikers vorstellt und vor allem könnte man daran auch ablesen, wie die Medien die Verantwortung und die Entscheidungen der Politiker in die Öffentlichkeit tragen. Erkennt der „normale“ Wähler auf Grund welcher Fakten Politiker Entscheidungen treffen oder sehen sie die gesamte Politik in einem weltfremden und abgehobenen Raumschiff. Sozusagen das Raumschiff „U.S.S. Berlin“.
Wie weltfremd werden wohl die Ideen der Bewerber sein? Man wird sehen 🙂

Was kommt als nächstes? Deutschland sucht den Bundestrainer. Wie schon das Sprichwort sagt: „Sobald Deutschland spielt haben wir 80 Millionen Bundestrainer im Land“. Und wenn man diesen Herren glaubt, hätten sie alles besser gemacht und Deutschland das Spiel bereits in den ersten zehn Minuten gewonnen. Dass sie dabei beim fünften Bier an der Kneipentheke sitzen und bereits ins Schwitzen kommen, wenn sie nur auf die Toilette gehen sei an dieser Stelle mal vernachlässigt. Dass sie seit 30 Jahren keine Sport mehr gemacht haben und soviel Ahnung von Fitness haben wie ein Eunuch vom Sex ebenfalls. Jetzt ist eure Chance, Deutschland sportlich zu neuen Höhen zu führen. Das wäre doch mal was 🙂

Es würde mich interessieren, wie die Meinung der Leser zu diesem Thema ist. Besteht die Chance, dass bei diesem Versuch etwas Neue und Positives herauskommt oder wird es nur ein kurzer Lacher für die Nation werden?

Mit dem Wort „Stammtisch-Adolf“ will ich niemanden beleidigen oder verunglimpfen. Aber leider gibt es immer wieder Personen, welche an Stammtisch eine politischen Meinung vertreten, welche stark an die damalige Ideologie erinnert. An dieser Stelle gilt ganz klar Sarkasmusalarm!

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