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Stehcafés – die neuen Blutsauger

Seit langer Zeit war ich gestern mal wieder bei uns am Bodensee unterwegs. Bei dem schönen Wetter und der tollen Aussicht (siehe Photos) wollten ein Kollege und ich mal gemütlich durch die Stadt und an der Uferpromenade entlang schlendern. Nach einem kleinen Abstecher auf den Aussichtsturm wollten wir in einem neue Selbstbedienungs-Café einen Kaffee trinken gehen. Da ich von meiner Cousine schon ein paar Eindrücke über dieses Lokal mitgeteil bekommen habe, war ich sehr gespannt was mich erwarten würde. Wenn man mitreden will, muss man auch mal dort gewesen sein.

Das Café – seines Zeichens ein Franchising-Unternehmen – lockt seine Kunden mit einer Mischung aus Café, Snack-Bar, Bistro und “Wohlfühl-Lounge”. Da man sein Getränk selber holen muss, bietet sich die Warteschlange natürlich perfekt an für Werbung. Es erwarten einen CD’s wie “Einschlafen durch Hypnose”, “Bekämpfe deine Ängst mit Hypnose” und “Klänge vom Bodensee”.
Ok, dachte. Wem es gefällt der soll es sich kaufen. Allerdings hat es mir dann beim Café kaufen endgültig den Schnuller aus dem Gesicht geschlagen. Preise von einem anderen Stern – dafür, dass ich keine Bedienung bekomme, die Leute hinter der Theke langsam sind wie Schnecken auf Krücken und der Raum eher eine umfunktionierte Bahnhofshalle als ein Café ist.
Da fragt man sich doch wofür man eigentlich so viel bezahlt. Klar werden jetzt einige Leser an Starbucks und Konsorten denken. Aber die gehören für mich zum gleichen Schlag.

Die Frage, die ich mir dabei stelle ist diese:
Ich bezahle einen überteuerten Kaffee, den ich mir noch selber holen muss und auch wieder zurückbringen sollte (leerer Becher) und nehme für diesen Zustand auch noch eine ungemütliche Hallenatmosphäre in Kauf. An dem ganze Konzept erkennt man schon die vor Kommerz triefende Idee an der ganzen Sache. Denn bei den CD’s an der Kasse hört es natürlich nicht auf. Gleichzeit kann man noch Marmelade, Brot, Brotaufstrich und sonstige Dinge erwerben, die natürlich drei Mal so teuer sind als im Laden um die Ecke. Und warum? Weil man sich hier wohl fühlen soll. Man kauft mit seinem Geld nicht nur ein Produkt, man kauft ein Gefühl. Nur welches? Das der O’culture, das der Grossstadt, das der offenen und modernen Welt oder das der besseren und gehobeneren Klasse, die nicht in die Cafés von gestern geht? Ich weiss es schlichtweg nicht und kann es auch nicht nachvollziehen.

Richtig lustig wird es dann, wenn man sich die Titel der Bücher anschaut, die zum Verkauf ausliegen. Dort reihen sich dann Bücher wie “Junge asiatische Architektur” neben Büchern über Königin Elisabeth und die arabische Kultur der Moderne ein. Und dann fragt man sich doch, was die Menschen bewegt sich zwischen den erwähnten CD’s, biologischen Essensprodukten und ungelesenen Bücher mit hochstehendem Inhalt einen überteuerten Kaffee zu gönnen? Ich habe nichts gegen Kaffee, hochstehende Literatur und biologisch-gesunde Nahrungsprodukte. Aber nur weil ich im gleich Raum sitzen, macht mich das noch lange nicht zu einem Mitglied der High Society. Vor allem nicht in einer provinziellen Kleinstadt wie Friedrichshafen. Was mich an der Sache stört ist diese künstliche, oberflächliche und aufgesetzte Art. Dieses vorgeteuschte “Möchtegern-Einkaufen” und eine vermeintlich bessere Welt, in ein Jahrhundert, welches nicht mehr den Kaffee bei Tante Erna trinkt und dafür auch noch einen horenden Preis bezahlt. Was die Leute nicht zu begreifen scheinen ist, dass sie den Besitzern ihr Geld mit beiden Händen in den Rachen werfen, nur weil dieser ein paar intelektuelle Bücher und ein paar Bio-Produkte in den Raum stellt. Aber wie will man ein Gefühl mit Geld messen?
Solange es nicht mein Geld ist, kann es mir eigentlich egal sein. 😉 Ich war auf jeden Fall zum letzten Mal in diesem Café.

1 thought on “Stehcafés – die neuen Blutsauger”

  1. Ich wußte gleich welches cafe`du meinst, bis ich zu dem Teil mit dem Hallenffeling kam. da wußte ich es dann nicht mehr. Aber die Bücher haben meinem Hirn wieder in Schwung gebracht. Denn solch bescheidene Bücher gibts bloß da, bzw in keinem cafe`gibts Bücher.
    Frag doch lieber gleich mich und geh ins C…. gegenüber Fielmann, da bekommst lecker Kaffee, lecker Eis und was fürs Auge*g*

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