Das Setter-Closer-Modell im Mittelstand: Effizienter Vertrieb durch klare Rollen

Viele Vertriebsabteilungen in mittelständischen Unternehmen (KMU) arbeiten noch immer nach dem Prinzip „alles aus einer Hand“. Ein (oder auch mehrere) Vertriebsmitarbeiter übernimmt Leadgenerierung, Qualifizierung, Abschlussgespräche und häufig sogar Kaltakquise in Personalunion. Zusätzlich kommen Rückfragen zu laufenden Projekten, interne Abstimmungen und organisatorische Aufgaben hinzu. Dieser Mix erzeugt eine hohe Belastung, ständige Kontextwechsel und damit ein steigendes Fehlerrisiko. Informationen verschwinden in persönlichen Notizen oder dem sprichwörtlichen „schwarzen Buch“ (digital oder analog spielt dabei keine Rolle). Fällt eine Person aus, fehlt Transparenz und der Prozess stockt – vom Ruf des Unternehmens nach außen ganz zu schweigen.

Die Digitalisierung und das veränderte Kaufverhalten verstärken diese Herausforderungen. Moderne Käufer treffen große Teile ihrer Entscheidung bereits vor dem ersten Gespräch. Studien sprechen davon, dass 70-80% des Kaufprozesse seitens des Interessenten bereits abgeschlossen ist, bevor der Vertrieb überhaupt ins Spiel kommt (Quelle). Interessenten vergleichen Anbieter intensiver (Stichwort: Content-Marketing) und orientieren sich stark an Markenvertrauen. Gleichzeitig bewegen sie sich häufig innerhalb eines vorgeprägten Entscheidungsraums, in dem nur wenige Anbieter tatsächlich in Frage kommen, welche dann am Ende zu 84% den Zuschlag erhalten (Quelle). Neue, unbekannte oder unsichtbare Anbieter fallen damit ganz klar durchs Raster – auch wenn der Vertrieb mit Engelszungen spricht (Stichwort: Branding und Markenaufbau). Die Zeiten haben sich geändert und die Kunden emanzipiert.

Unternehmen profitieren daher von Strukturen, die diese Realität abbilden (Stichwort: professionelles Marketing) und den Vertriebsprozess gleichzeitig entschlacken und rollenbasierter gestalten.

Das (neue) Rollenmodell Marketing – Setter – Closer bietet hierfür einen klaren Rahmen. Es teilt die Aufgaben entlang der Customer Journey auf und schafft damit einen vertriebsfähigen Ablauf, der die Stärken des Teams und der Abteilungen besser nutzt.

Strukturierter Vertrieb: Marketing → Setter → Closer

Marketing erzeugt Sichtbarkeit, baut Vertrauen auf und generiert Nachfrage. Dazu gehören Branding-Maßnahmen ebenso wie Performance-Marketing sowie Push- und Pull-Strategien. Die Aufgabe besteht darin, neben Touchpoints eine stabile Pipeline zu schaffen, aus der qualifizierbare Leads entstehen – Marketing Qualified Lead (MQL).

Setter übernehmen anschließend die systematische Vorqualifizierung. Sie prüfen Bedarf, Budget, Timing und Relevanz. Moderne KI-Tools können hierbei unterstützen: Automatisierte Vorqualifizierungsprozesse, transkribierte Gespräche oder strukturierte Zusammenfassungen liefern dem Closer präzise Informationen und steigern die Effizienz sowie die Datenqualität – Sales Qualified Lead (SQL).

Closer (ehem. klassischer Vertrieb) konzentrieren sich ausschließlich auf Verkaufsabschlüsse. Sie führen die finalen Gespräche, klären letzte Fragen und verhandeln Konditionen. Durch die vorqualifizierte Pipeline steigt die Abschlussquote spürbar. Zusätzlich werden Ressourcen gespart respektive in vielversprechendere Leads gelenkt.

Diese Struktur folgt dem natürlichen Verlauf der Customer Journey und verhindert, dass Kompetenz und Zeit an den falschen Stellen gebunden werden.

Vorteile für mittelständische Unternehmen

Die Aufteilung in drei Rollen reduziert Leerlauf, schafft klare Zuständigkeiten und sorgt für ein fokussiertes Arbeiten. Closer beschäftigen sich nur mit kaufbereiten Leads, während Marketing und Setter unpassende Kontakte frühzeitig filtern oder gezielt über weitere Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. digitale Fragebögen, Download von Ratgebern und Whitepaper oder Support-Chats) weiterentwickeln.

Ein CRM bildet diesen Prozess transparent ab:

  • Funnel-Stufen werden sichtbar. Das Leads wandert so Stufe für Stufe und für das gesamt Team sichtbar weiter. Volle Transparenz.
  • Nadelöhre im Prozess lassen sich leichter identifizieren und entweder technisch, strukturell oder personell beheben.
  • Follow-ups laufen automatisiert und sparen mit Ressourcen.
  • Informationen bleiben zentral verfügbar.

Dadurch entsteht ein systematischer Vertriebsprozess, der auch dann funktioniert, wenn einzelne Mitarbeitende fehlen oder neue Teammitglieder hinzukommen. Oder im besten Fall neue Teammitglieder eingestellt werden sollen (Stichwort: Onboarding).

Abgrenzung zum klassischen Modell

Das traditionelle Vertriebsbild des „Super-Salesman“, der alle Aufgaben vereint, ist in komplexen Märkten kaum noch tragfähig. Generalismus – im operativen Sale – führt zu Überforderung, unklaren Prioritäten und einer starken Abhängigkeit einzelner Personen.

Moderne Vertriebsstrukturen setzen stattdessen auf Prozessdenken und klare Aufgabenverteilung. Dazu gehört oft auch eine angepasste Lohnstruktur: Wer im Team eng zusammenarbeitet und stark vom Input anderer Rollen profitiert, kann nicht nach veralteten Provisionsmodellen bewertet werden. Eine Übergangsphase mit parallelen Berechnungsmodellen kann hier für Sicherheit sorgen und Widerstände, gerade bei altgedienten Sales-Profis, abbauen.

Praxisnahe Schritte für die Einführung

Ein geordneter Einstieg erleichtert die Umsetzung:

  • Den gesamten Marketing- und Vertriebsprozess zunächst vollumfänglich schriftlich abbilden, unabhängig von Rollen – vom Erstkontakt per Meta-Ads oder einem Plakat in der Fußgängerzone, bis hin zum Abschluss. Hier empfiehlt sich eine Mindmap oder allgemein ein Schaubild. Alle Schritte werden klar benannt, geprüft und können zu einem späteren Zeitung auch optimiert werden – z.B. von Einsatz einer KI für eine spezielle Aufgabe.
  • Anschließend definieren, an welcher Stelle Marketing, Setter und Closer übernehmen.
  • Rollen testweise in Teilzeit besetzen, wenn Ressourcen begrenzt sind.
  • Definitiv aber mit einem kleinen Team starten und erste Engpässe identifizieren.
  • CRM als zentrales Werkzeug etablieren – inklusive Automatisierungen und klarer Aufgabenübergaben.
  • Intern transparent kommunizieren, dass Struktur entlastet und nicht kontrolliert.

Solche Schritte schaffen Akzeptanz und machen die neue Arbeitsweise langfristig stabil.

Erfahrung aus der Praxis:

Es ist entscheidend, dass das gesamte Team – einschließlich der Marketingverantwortlichen, Setter, Closer und der Geschäftsführung – gemeinsam klare Standards für die Übergabe von Informationen an den Schnittstellen zwischen Marketing, Set und Closer definiert. Dabei sollten Aspekte wie die Form, Qualität und Tiefe der übermittelten Informationen festgelegt werden. Ebenso ist zu klären, welche Daten im CRM erfasst werden, wie detailliert die Fragen (oft ein standardisierter Fragebogen) des Setters sein müssen, wie gut die Vorqualifizierung erfolgen sollte und welche Qualität die vom Marketing generierten Leads aufweisen müssen.

Diese Punkte sollten (muss) im Team abgestimmt und schriftlich in einem Strategiepapier festgehalten werden, das als verbindliche Grundlage für alle Beteiligten dient. Die Erfahrung zeigt, dass unterschiedliche Aufgabenbereiche und Persönlichkeiten im Team zu variierenden Erwartungen führen können. Um Frustrationen zu vermeiden, ist es daher unerlässlich, klare und verbindliche Prozesse zu definieren, die unabhängig von individuellen Präferenzen oder Tagesverfassungen eingehalten werden. So wird sichergestellt, dass die Übergabe von Informationen reibungslos erfolgt und jeder Beteiligte effizient damit arbeiten kann, ohne zusätzliche Sonderwünsche oder Anforderungen zu stellen.

Konkrete Anwendungsfälle im Mittelstand:

Nachfolger oder neue Eigentümer profitieren besonders von dieser Struktur. Sie ermöglicht eine skalierbare Vertriebsbasis, bei der Aufgaben klar zugewiesen werden können.

Handwerks- und Technikbetriebe gewinnen an Professionalität, weil komplexe Angebote strukturiert aufbereitet werden. Gleichzeitig fließt die Erfahrung langjähriger Verkäufer über definierte Prozesse ins Team zurück. Die Abhängigkeit von Einzelpersonen sinkt, während die Qualität steigt. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf den direkten Erfolg, sondern auch auf des Image nach draußen. Kunden und Interessenten spüren, dass sie mit Profis zusammenarbeiten und nicht vertröstet werden, bis Kollege Müller nach drei Wochen von der Safari zurück ist und niemand im Team den aktuellen Projektstand kennt.

Fazit:

Das Setter-Closer-Modell schafft effizientere Abläufe, klare Verantwortlichkeiten und deutlich stabilere Vertriebsstrukturen. Unternehmen erhalten eine skalierbare Grundlage, die unabhängig von Einzelpersonen funktioniert und den steigenden Anforderungen moderner Käufer gerecht wird. Gerade mittelständische Betriebe, die wachsen oder sich neu ausrichten möchten, profitieren von dieser Spezialisierung im Vertrieb.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Das Setter-Closer-Modell ist ein rollenbasiertes Vertriebssystem, das den Prozess in Marketing, Lead-Qualifizierung (Setter) und Verkaufsabschluss (Closer) aufteilt. Diese Struktur sorgt für klare Aufgabenverteilung, höhere Effizienz und verbesserte Abschlussquoten. Besonders mittelständische Unternehmen profitieren von einem transparenten und skalierbaren Vertriebsprozess.

Das Modell reduziert Leerlaufzeiten, steigert die Datenqualität und ermöglicht eine bessere Priorisierung der Leads. Closer konzentrieren sich auf kaufbereite Interessenten, Setter filtern frühzeitig unpassende Anfragen, und Marketing schafft eine stabile Pipeline. Für KMU entsteht damit ein skalierbarer, messbarer und ausfallsicherer Vertriebsprozess.

Im klassischen Vertrieb übernimmt eine Person oft alle Aufgaben: Leadgenerierung, Qualifizierung und Abschluss. Das führt zu Überlastung und fehlender Transparenz. Das Setter-Closer-Modell löst diese Probleme durch Spezialisierung und eine klare Customer-Journey-Struktur. CRM-Systeme, Automatisierung und definierte Übergabestandards machen den Prozess deutlich effizienter und unabhängiger von Einzelpersonen.

Die Einführung beginnt mit der vollständigen Dokumentation des bestehenden Vertriebsprozesses. Anschließend werden Rollen, Übergabepunkte und CRM-Standards definiert. Ein kleineres Pilotteam testet die Struktur, bevor sie unternehmensweit ausgerollt wird. Transparente Kommunikation und ein klarer Lohn- bzw. Provisionsrahmen erleichtern die Akzeptanz im Team.

Das Modell eignet sich vor allem für mittelständische Betriebe mit komplexen Angeboten, langen Entscheidungswegen oder mehreren Vertriebsbeteiligten. Handwerksbetriebe, technische Unternehmen, Agenturen sowie Nachfolger in Familienunternehmen profitieren besonders. Sie erhalten ein skalierbares System, das auch bei Wachstum oder Personalwechsel stabil bleibt und für ein professionelles Erscheinungsbild nach außen sorgt.


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